»Ohne Altersfreigabe«

Tobias Teichen: Warum Gemeindeleitungen in Multiplikation denken sollten

In Gemeinden wird oft ein falsches Gebet gebetet: »Herr, schicke uns Leiter!« Er selbst habe lange auch so gebetet, bekennt Tobias Teichen, Leiter der ICF München, in seinem Seminar »Junge Menschen mit Leitungspotenzial entdecken und fördern«. Dabei stecken die nötigen Gaben schon in der Gemeinde, erklärt Teichen. Sie sind vorhanden – »und zwar ohne Altersfreigabe.« Leitungsaufgaben beginnen nicht erst mit 25, sondern »jede Altersgruppe hat ihre Jüngerinnen und Jünger.« Darum hat eine Gemeinde insgesamt die Aufgabe, Mitarbeiter in allen Bereichen zu fördern, die Heiligen in der Gemeinde fit zu machen, damit sie Leiter sein oder werden können.

Ganz wichtig auf diesem Weg ist, als Pastor oder Gemeindeleiterin nicht alles selbst zu machen, sondern in »Multiplikation zu denken« und als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gemeinsam aktiv zu sein. Auch Jesus habe zwei Drittel seiner Zeit in Kleingruppen investiert, gibt Teichen zu bedenken. Er sieht vier Schritte, um eine Mitarbeiter-Multiplikation erfolgreich anzupacken. Zuerst geht es darum, neue Leiter zu finden: zu beobachten, wo und wie Leute sich einbringen, was ihre Leidenschaft ist, auf welchem Spielfeld sich jemand altersgemäß verantwortlich engagiert und ob jemand eine größere Perspektive für Kirche hat. Ein großes Plus ist: Wer jung als Leiter anfängt, hat schon früh langjährige Leitungserfahrung gesammelt. Der zweite Schritt ist, junge Mitarbeiter, Trainees, in einer 1:1-Beziehung, auf Augenhöhe, als Coach zu begleiten, zu festen Terminen für klare Aufgaben zu schulen – bis sie selbst als Coaches andere Trainees begleiten können. Dann gilt es, die jungen Leiter auch einzusetzen, damit sie eigenständig ihren Glauben entwickeln können und als Christen mündig werden. Schließlich müssen junge Leiter weiter gefördert und mit weiteren Aufgaben herausgefordert werden.

Für Gemeinden und ihre Leitungen ist deswegen ein möglicherweise neues Mindset bedeutsam: Kinder und Jugendliche sind nicht die Leiter von morgen, sondern von heute. Und in der Gemeinde ist jeder für die nächsten Generationen mitverantwortlich.