Mehr als 100 evangelikale Führungspersonen haben sich in einem offenen Brief gegen die Flüchtlings- und Abschottungspolitik von US-Präsident Donald Trump gewandt. Der Brief erschien am 8. Februar als ganzseitige Anzeige in der »Washington Post.« Zu den Unterzeichnern zählten auch Bill und Lynne Hybels.

Einer der Kernwerte von Willow Creek ist der Auftrag Jesu, Flüchtlingen zu helfen und sie zu unterstützen. Deshalb hat Bill Hybels – gemeinsam mit Hunderten anderer Leitungspersonen aus dem evangelikalen Raum – einen sorgsam formulierten Brief unterschrieben, in dem der US-Präsident Donald Trump gebeten wird, das Einreiseverbot für Flüchtlinge noch einmal zu überdenken.

Der Anstoß dazu kam von World Relief, einer Organisation, mit der Willow Creek seit vielen Jahren zusammenarbeitet. Das Schreiben soll zudem eine Gruppe christlicher Leitungspersonen enger zusammenbringen, die bereit sind, ihre Stimme für den klaren biblischen Auftrag zu erheben, sich um Menschen in Not zu kümmern und der Obrigkeit respektvoll zu begegnen.

Für mich als Christin ist es ein Akt des Gehorsams, wenn ich meine Stimme für die Flüchtlinge erhebe.

»Für einige Menschen ist das Zugehen und Unterstützen von Geflüchteten eine politische Angelegenheit«, stellte Lynne Hybels fest. »Für mich als Christin ist es eher ein Akt des Gehorsams gegenüber einem Gott, dessen Reich ein globales Reich und dessen Barmherzigkeit grenzenlos ist, wenn ich meine Stimme für die Flüchtlinge erhebe und ihnen in ihrer Not helfe«, so die Willow-Mitgründerin.

Hybels verwies darauf, dass ihr Leben außerordentlich bereichert wurde vom Mut und dem Durchhaltevermögen zahlreicher Geflüchteten, die sie in Jordanien, im Libanon, im Irak und dem Kongo kennengelernt hat – genauso wie durch diejenigen, die sie in Illinois und Michigan traf. »Ich hoffe, dass noch viel mehr amerikanische Christen die Möglichkeit haben werden, diese bereichernden Begegnungen mit Geflüchteten zu erleben«, so Hybels.

Folgender Brief erschien am 8. Februar in der "Washington Post":

Sehr geehrter Herr Präsident Trump, sehr geehrter Herr Vizepräsident Pence,

als christliche Pastoren/Pastorinnen und Leiter/Leiterinnen sind wir tief besorgt über den kürzlich angekündigten Einreisestopp für Flüchtlinge. Unsere Fürsorge für die Unterdrückten und Leidenden gründet sich auf der Aufforderung Jesu „unseren Nächsten zu lieben wie uns selbst“. In dem Gleichnis vom Barmherzigen Samariter (Lukas 10,25-37) macht Jesus ganz deutlich, dass unser “Nächster” auch der Fremde ist sowie jeder, der vor Verfolgung und Gewalt flieht, ungeachtet von Glauben und Herkunftsland.

Als Christen haben wir den über zweitausend Jahre alten Auftrag, den Leidenden zu dienen. Diesen Auftrag können wir jetzt nicht vernachlässigen. Wir leben in einer gefährlichen Welt und bejahen die wichtige Rolle der Regierung, Schaden vom Volk abzuwenden und die Bedingungen festzulegen, nach denen Flüchtlinge in unser Land kommen können. Allerdings können Mitgefühl und Sicherheit nebeneinander existieren, wie sie es schon seit Jahrzehnten tun. Für die Verfolgten und Leidenden ist jeder Tag entscheidend; und mit jeder Verzögerung stirbt immer auch ein Stück Hoffnung.

Seit Beginn des Programms zur Aufnahme von Flüchtlingen haben sich Tausende von Ortsgemeinden im ganzen Land dafür engagiert, Flüchtlinge jeder Religionszugehörigkeit willkommen zu heißen. Entsprechende Vorbereitungen und Maßnahmen wurden getroffen und warten nun darauf, sehr viel mehr Menschen zu betreuen, als nach der neuen präsidialen Verfügung zugelassen würden.

Als Leiter und Leiterinnen begrüßen wir die zum Ausdruck gebrachte Sorge um religiöse Minderheiten, einschließlich der um verfolgte Christen. Nachfolger Christi erleben schreckliche Verfolgung, in einigen Teilen der Welt sogar Massaker. Verfolgte Christen sind uns willkommen, ebenso aber auch schutzlose und gefährdete Muslime sowie Menschen anderer oder keiner Glaubensrichtung. Diese Verfügung reduziert ganz dramatisch die Gesamtzahl von Flüchtlingen, die in diesem Jahr in unser Land gelassen würden und nimmt so Familien Hoffnung und Zukunft. Und sie könnte sie sogar ihr Leben kosten.

Als Christen sind wir verpflichtet, für unsere gewählten Vertreter zu beten. Wir beten, dass Gott Präsident Trump und allen Regierenden in der Kursbestimmung für unser Land seine Weisheit gibt. Wir beten ebenso für die gefährdeten und schutzlosen Menschen, auf deren Leben sich die getroffenen Entscheidungen ganz unmittelbar auswirken. 

Hochachtungsvoll
Tim Breene, CEO, und Scott Arbeiter, Präsident von World Relief sowie  6.355 Unterzeichner (Stand 22.02.2017)