Thomas, du bist im Januar bei Willow Creek Deutschland als Geschäftsführer an Bord gekommen? Warum?

Das war spannend! Beruflich habe ich im Laufe der vergangenen Jahre gemerkt, ich komme in eine komfortable Sackgasse: fest »gesettelt«, guter Verdienst … aber es gab keine Perspektiven, mich weiterzuentwickeln. Ich bin dann mit Gott ins Gespräch gekommen: »Was hast du noch vor im letzten Drittel meines Berufslebens?« Er machte mir klar: »Bevor ich dir etwas Neues zeige, lass das Alte los!« Ich habe mich mit meiner Frau beraten und beschlossen, meinen sicheren Job bei der Kirche zu kündigen, ohne dass ich eine Perspektive hatte. Es war ein bewusster Glaubensschritt und ich finde, das ist es, was Glauben ausmacht: auch einen Schritt in die Unsicherheit zu tun und sich nicht immer abzusichern. Gott steht auf Gott vertrauen. Mir war klar: Wenn ich den Vertrauensschritt mache, wird Gott mir zeigen, was kommt. Dabei wollte ich auf jeden Fall etwas machen, was mit Gottes Reich zu tun hat, was mir Sinn gibt, mich herausfordert, mir Energie spendet und wo ich meine Stärken einbringen kann. Und die einzige Anzeige, über die ich wirklich gestolpert bin, war die von Willow Creek Deutschland (WCD)...

Und dann?

... folgte ein spannender Bewerbungsprozess, mit Corona-Ausfällen, Schneesturm, ausgefallener Zugverbindung und der Frage, ob Bretten bei Karlsruhe meine Homebase bleiben kann, weil es in unserer jetzigen Lebensphase keine Option ist, mit der Familie umzusiedeln. Als dann von WCD die Zusage kam, haben wir an einem intensiven Wochenende mit der Familie darüber diskutiert – wir haben es als eine Berufung gesehen – und so bin ich bei Willow gelandet.

Du hast in deiner beruflichen Laufbahn Organisationen mit bis zu 500 Angestellten geleitet. Willow beschäftigt 10 Voll- und Teilzeitkräfte … Was macht die Aufgabe für dich so reizvoll?

Die Größe ist für mich nicht entscheidend. Aber vieles an der Idee von Willow entspricht mir. Ich bin überzeugt, dass Menschen in den Ortsgemeinden Jesus begegnen können. Dabei spielt die Beziehungsarbeit vor Ort eine ganz entscheidende Rolle. In dem Gedanken »Turning irreligious people into fully devoted followers of Christ« stecken für mich wichtige Dinge: Ich möchte, dass Menschen zu Jesus finden und eine lebendige Beziehung pflegen. Nicht nur: bekehrt, Haken dran! Sondern Jüngerschaft leben, Jesus ins Zentrum setzen und Prioritäten im Leben verändern. Und natürlich: Leadership und Organisationsentwicklung interessieren mich. Was sind Tools, die funktionieren? Und welche Prinzipien von erfolgreichen Unternehmen können wir umsetzen?

Willow ist auch eine Kongressbewegung, und als solche ist der »Erfolg« auch deiner Arbeit ein gutes Stück öffentlich. Mit wie viel Lust, Respekt oder auch Bammel gehst du an die Aufgabe?

Ich finde die Phase jetzt sehr reizvoll. Willow hat als Marke im D.A.CH.-Raum eine große Bedeutung. Die Herausforderungen durch den »Hybels-Knick«, Corona oder die Kongress-Verschiebung machen mir keine Angst, weil ich aus Gottvertrauen lebe. Willow ist letztlich Gottes Werk. Er ist der oberste Chef. Das ist der Kern jeder Berufung: Dass man es nicht alleine schafft, sondern Gott braucht. Ich sehe Ressourcen und Potenziale, die wir weiterentwickeln können. Ich sehe, dass Gott uns auch im Team Stärken und Talente schenkt, die wir einsetzen können. Da fühle ich mich getragen und sehe deswegen zuversichtlich in die Zukunft.

Gibt es ein persönliches »MissionStatement«, das dich leitet?

Im Prinzip geht es um konsequente Nachfolge: Ich möchte Gott mit meinem Leben ehren und an seinem Reich bauen. Die Verbindung zu ihm täglich und vorrangig zu pflegen, das ist für mich die Basis. Bei Willow sehe ich die Chance, genau das zu leben. Ich hätte sicher auch einen Job in der freien Wirtschaft gefunden, aber das war überhaupt nicht reizvoll für mich.

»Willow ist eine starke Marke. Ich finde es spannend, die zeitlose Vision und Mission in die Zukunft zu tragen.«

Wir haben schon über die Willow-Historie in Deutschland gesprochen. 39 Kongresse, 173.000 Teilnehmende. Beim ersten Kongress 1996 hieß der Bundeskanzler Kohl, der heutige ICF-Pastor Tobias Teichen hatte gerade Abi gemacht und Johannes Hartl bewegte sich mit blau gefärbter Mähne in der Münchener Punkszene. Die Landschaft in Kirche und Gesellschaft ist heute bunter und vielfältiger. Ist WCD noch der große Player, die Arbeit noch nötig?

Natürlich! Willow ist einzigartig, mit einer überkonfessionellen, breiten Basis, die mit ihrer Idee von Kirche die Gemeinden und Gemeinschaften verbindet, die sich weiterentwickeln und missionarisch wirkungsvoll sein wollen. Willow ist eine starke Marke; ich finde es spannend, diese zeitlose Vision und Mission in die Zukunft zu tragen und zu überlegen, wie stellen wir uns dazu auf. Willow ist wichtig – als Impulsgeber, als Bühne für Gott und um Menschen zu berühren.Ein bisschen müssen wir uns neu erfinden, denke ich, und auch neue Wege gehen. Wir müssen auch Experimente machen, schauen, was funktioniert und was nicht.

Neue Wege, Experimente ... Was können wir in Zukunft von Willow erwarten?

Da gibt es keinen Königsweg, keiner weiß, was in fünf Jahren notwendig ist. Es ist wie die Besteigung eines Berges, den man noch nie bestiegen hat. Man kennt die Route nicht, man muss ausprobieren, im Team arbeiten. Man braucht Profis, die das Handwerkszeug haben, muss vielleicht mal einen anderen Weg nehmen. Dazu ist ein agiles Mindset nötig.

Was heißt das genau? Machen wir es konkret: Der Leitungskongress 22 wird stattfinden, wobei der August-Termin schon ein Stück Experiment ist. Was kann sich noch ändern?

Der Leitungskongress ist und bleibt ein Fixpunkt. Er ist unser Kernprodukt. Die Frage ist: Wir hatten noch nie einen Sommerkongress – was bedeutet das? Kann man eine Strandbar aufbauen? Wie beziehen wir die Menschen noch mehr mit ein? Wie verändern wir das gesamte Kongress-Erlebnis? Übergeordnet gilt es zu ragen: Was wollen wir erreichen? Und wie messen wir das?

Wir sind gespannt. Du liest viel, lernst von anderen, auch aus Wirtschaftsunternehmen. Welche Rolle spielt der Heilige Geist bei den Planungen?

(lacht) Eine zentrale. Es inspiriert mich enorm, wenn ich Zeit mit Gott verbringe. Die Frage ist aber auch: Wie kriegen wir in all unserem Business eine Sensibilität, auf das zu hören, was Gott möchte? Wie machen wir uns als Team und Organisation da auf den Weg? Ein gutes Zeichen ist immer eine große Einheit. Wie können wir also die Einheit erreichen, die Vorwärtsbewegung, die Energie, die der Heilige Geist gibt? Vorwärts ist die Richtung, in die ich möchte.

Wie gelingt es, beim Vorwärtsgehen das Bewährte zu bewahren, während es zugleich auf neuen Wegen vorangeht?

Es wird einen hohen Wiedererkennungswert geben. Der Kern bleibt der Kongress mit den Vorträgen, mit einer gewissen Exotik: mit Sprechern auf der Bühne, die wir so in Deutschland nicht immer haben. Es wäre auch falsch, den Eindruck zu vermitteln, wir schmeißen alles um. Der Spirit bleibt, weil die Vision und die Mission die gleiche bleiben. Die Frage ist mehr, wie wir das Drumherum verändern, mehr Interaktion erreichen. Spannend ist auch: Wie füllen wir das Jahr zwischen den Leitungskongressen? Wir werden im kommenden Jahr mehrere Dinge ausprobieren …

Schließen wir dieses Start-Interview mit der Frage nach dem Ende deiner Amtszeit als Willow-Geschäftsführer. Wann wird das sein?

(lacht) Keine Ahnung. Das ist eine Entwicklung, die ich durchmache. Ich habe eine Berufung gesucht, die mich ins letzte Drittel meines Berufslebens trägt. Genau die habe ich gefunden, und den Weg will ich jetzt auch gehen.

Wann wärst du mit deiner Arbeit zufrieden?

Mein vorrangiges Thema ist: Wie tragen wir Willow in die Zukunft? Daran will ich arbeiten. Wann das abgeschlossen ist, weiß ich nicht. Ich will meine ganze Energie dafür einsetzen, dass wir die Arbeit weiterentwickeln und zukunftsfähig gestalten, sodass man Willow in zehn Jahren noch für genauso wichtig hält wie heute.

SAG MAL,THOMAS …

Persönlich gefragt – kurz geantwortet

... was sind deine Lieblingsbeschäftigungen in der Freizeit? – Ganz wichtig ist mir qualitative Zeit mit der Familie und Gott. Dann bin ich gern an der frischen Luft mit unserem Australian-Shepherd-Hund oder auf dem Mountainbike im Kraichgauer Hügelland. Und mir liegt die Männerarbeit meiner ICF-Gemeinde am Herzen.

... hast du einen Lieblingsort? – Als Familie verbringen wir fast jedes Jahr Zeit in Südfrankreich: die Provence, das Meer, die Verdon-Schlucht... die Gerüche, die Wildheit, das Essen und die Stimmung lieben wir sehr.

... was bist du für ein Medientyp? – Ich bin analog und digital unterwegs, allerdings zurückhaltend bei Social Media. Denn ich liebe Mails und den persönlichen Austausch. Gezielt höre ich Leadership-Podcasts.

... liest du auch Bücher? – Ja, ich bin unglaublich neugierig und arbeite deswegen meist mehrere Fachbücher parallel durch, die ich praktisch nutzen kann.

... was sind Lieblings-Spielfilme von dir? – Ich bin ein alter »Star Wars«- Fan, mag aber auch nachdenkliche Filme.

... welche Musik hörst du gern? – Die Rockklassiker der 80er Jahre, Queen zum Beispiel, tendenziell etwas energiegeladener; ich finde aber auch Ed Sheeran gut.