Das Gefühl, ein Fehler zu sein und die ganze Welt gegen sich zu haben, kennt Jonathan Almonte nur zu gut. Geboren in der Dominikanischen Republik, in Santo Domingo, inmitten von absoluter Armut, glaubte er lange Zeit, dass es immer so bleiben würde.

Schon in frühester Kindheit arbeitete Jonathan auf der Straße: Auf einer Mülldeponie suchte er nach Eisen und Plastik, um es zu recyclen und zu Geld zu machen – nur, um zumindest ein Stück Brot in der Woche kaufen zu können. Er verkaufte auch Saft und Empanadas. Selbst durfte er nichts davon essen. Das hart verdiente Geld nutzte seine Familie für die Miete.

Sogar seine Schuluniform musste er sich von jemandem leihen, denn nur so konnte er überhaupt am Schulunterricht teilnehmen. Für eine eigene Uniform fehlte das Geld. Seine alleinerziehende Mutter wusste, dass Schulbildung der einzige Weg aus der Armut war. Sie selbst hatte Missbrauch durch ein Familienmitglied erlebt, war von zu Hause geflohen und in der Obdachlosigkeit gelandet. Als sie Jonathans Vater kennenlernte, hoffte sie auf eine bessere Zukunft – doch erst später erfuhr sie, dass er bereits eine Familie hatte.

Nun war sie obdachlos – und schwanger. „Armut hat mich bereits im Mutterleib gefunden“, erzählt Jonathan Almonte. In den 90er-Jahren arbeitete seine Mutter in einer Fabrik und verdiente nicht mehr als einen Dollar pro Tag. Eine Familie damit zu versorgen? Unmöglich. Jonathan erinnert sich auch an seinen Schulweg. Immer wieder begann er plötzlich zu zittern und zu frieren, obwohl es warm war. „Damals wusste ich nicht warum. Heute weiß ich, dass es daran lag, dass ich den Tag davor nichts gegessen hatte. Mein Blutzuckerspiegel war viel zu niedrig.“ In der Schule angekommen, bekam er dann oft einen Keks – damit es ihm ein wenig besser ging. „Es gab viel Kriminalität. Menschen wurden getötet“, beschreibt Jonathan die Gegend, in der er aufwuchs. „Zu meiner Schande wollte ich Mitglied einer Gang werden.“ Die Leute in seiner Nachbarschaft, die Drogen verkauften, trugen schöne Kleidung und moderne Sneaker – und das wollte er auch. Stattdessen suchte er täglich auf der Straße nach Pappe, um sie in seine Schuhe zu stecken – nur damit er besser laufen konnte.

Auf der Straße lernte Jonathan vor allem eines: aggressiv zu sein und zu streiten. „In meinem Leben war so viel Chaos und Zerbrochenheit.“ Jonathan sagt von sich, er sei ein schwieriges Kind gewesen – auch für die Menschen in seinem Umfeld. Mit sieben Jahren wurden Jonathan und seine Mutter in dem Viertel, in dem sie lebten, einer Kirche vor Ort vorgestellt, die mit dem Kinderhilfswerk Compassion zusammenarbeitete. „Ich kannte Compassion nicht. Für mich war es einfach eine Kirche, die Kinder mit Essen und Schulmaterialien unterstützte und medizinische Checkups ermöglichte.“ Jonathan wurde von der lokalen Compassion-Partnerkirche in das Patenschaftsprogramm aufgenommen. Doch die Dinge änderten sich nicht sofort. Eigentlich war die Kirche für ihn wie ein sicheres Zuhause. Doch seine Wut blieb. Mit zwölf Jahren geriet er in seinen schlimmsten Konflikt – und der hätte ihn beinahe ins Gefängnis gebracht: „Ich kaufte mir etwas zu essen und ein anderer Junge kam und schubste mich. Ich schlug ihn daraufhin zu Boden. Er fiel ins Koma.“

Dulce, die Leiterin des Compassion-Kinderzentrums, so erinnert sich Jonathan, tat etwas Unerwartetes. Sie schaute ihm in die Augen, streichelte ihm über das Gesicht und fragte nur: „Warum kämpfst du so? Das musst du doch nicht. Wir lieben dich.“ Ihm war klar, dass er es verdient hätte, aus dem Programm der Kirche zu fliegen. Aber er durfte bleiben.

Ein Moment, in dem er begann, sein Handeln und den eingeschlagenen Weg zu hinterfragen. Durch seine Lebensumstände fühlte er sich entwurzelt. Doch etwas begann sich zu verändern – als würde jemand neue Wurzeln in sein Leben pflanzen: Wurzeln der Annahme und der Hoffnung. Er lernte Jesus kennen. Es war sein Wendepunkt. „Ich verstand, dass mich jemand sieht. Ich begriff, dass ich einen liebenden Vater habe. Das veränderte alles.“ Der Junge, den er geschlagen hatte, wachte aus dem Koma auf. Jonathan fand Vergebung. Er ließ sich taufen, und nach und nach öffneten sich Türen für ihn. Er begann in der Kirche mitzuarbeiten, reiste als Übersetzer ins Nachbarland Haiti, studierte und machte verschiedene Abschlüsse. Heute ist Jonathan Almonte verheiratet und Vater von zwei Söhnen. Es war nicht nur die materielle Armut, die Jonathan hoffnungslos gemacht hatte. Er war in einem Umfeld aufgewachsen, in dem er selten hörte, dass jemand an ihn glaubte oder ihn liebhatte. Sein Vater sagte ihm als Teenager, dass er ein Fehler in seinem Leben war. Harte Worte! Er fühlte sich unsichtbar, dachte, niemand würde ihn lieben. Er war wütend auf das Leben.

„Ohne ermutigende Worte glaubt man wirklich, dass man nichts wert ist“, betont Jonathan. „Wir sehen oft die Aspekte von Armut, die mit materiellen Bedürfnissen einhergehen. Aber wir müssen auch auf die emotionalen und geistlichen Bedürfnisse achten, denen Kinder in Armut begegnen.“ Deshalb ist er der Auffassung, dass es so wichtig ist, dass sich Kirchen ganzheitlich für die Bedürfnisse von Kindern einsetzen. Heute sagt er von sich selbst: „Ich bin ein Zeugnis dafür, wie Hoffnung mich gefunden hat. Jetzt ist es Zeit, dies an andere weiterzugeben.“ Weil er gelernt hat, dass es sich lohnt, nicht gegen Menschen zu kämpfen, sondern für sie. Und genau das tut er heute. Er setzt sich leidenschaftlich für die nächste Generation ein, will sie befähigen, den Hoffnungslosen Hoffnung zu bringen und die Kirche zum Handeln mobilisieren. Jonathan arbeitet für Compassion in der Dominikanischen Republik und ist für die Betreuung der Unterstützer verantwortlich. Außerdem ist er der Gründer von Doulos Liderazgo, Servicio y Amor – einer Organisation, die lokalen Kirchen Trainings für Leiter anbietet und durch Mentorenprogramme und Freizeiten für die geistlichen und emotionalen Bedürfnisse von Menschen sorgt. In Zusammenarbeit mit Compassion Dominikanische Republik hat Doulos LSA mehr als 65 Kirchen in effektiven Jugendarbeits strategien geschult und über 1.700junge Menschen erreicht, die am Patenschaftsprogramm von Compassion teilnehmen.

Nicht nur Jonathan hat den Kreislauf der Armut durchbrechen können. Während er das Kinderzentrum der Kirche besuchte, ging seine Mutter aufs College. Es dauerte einige Jahre, bis sie ihren Abschluss machen konnte. Aber sie schaffte es und steht heute auf eigenen Beinen.

Jonathan hat extreme Armut und Kriminalität am eigenen Leib erfahren. Aber er sah auch, dass jemand an ihn glaubte – die Leiterin des Kinderzentrums, seine Patin, und die vielen weiteren Menschen, die ihm im Laufe seiner Kindheit und Jugend zum Vorbild wurden, weil sie Jesus im Herzen trugen. Er erlebte, dass jemand an ihn glaubte und dass Veränderung möglich ist. Diese Hoffnung will er weitergeben.

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