Tod Bolsinger ist Experte darin, christliche Führungskräfte zu begleiten – insbesondere in Zeiten des Wandels. Der Referent des Leitungskongresses 2026 hat mit uns darüber gesprochen, warum Veränderungen wichtig sind und was ihn als Leiter am meisten ermutigt.
Tod, du bist Gründer und Leiter von AE Sloan Leadership, einem Beratungsunternehmen, das christliche Führungskräfte insbesondere in Veränderungsprozessen stärkt und begleitet. Euer Ziel ist es, Leitende und ihre Teams „zum Blühen zu bringen“. Was heißt das für dich konkret? Blühen umfasst ja viel mehr, als nur „ein Ziel zu erreichen“.
Wir glauben, dass „Aufblühen“ für eine Führungskraft bedeutet, dass sie nicht nur den Auftrag ausfüllt, den Gott ihr gegeben hat, sondern dass sie als die Person gedeihen kann, als die Gott sie geschaffen hat. Für Führungskräfte in Veränderungsprozessen bedeutet dies: Während sie die harte und notwendige Arbeit des organisatorischen Wandels und der persönlichen Veränderung auf sich nehmen, sind sie dennoch in der Lage, freudig, widerstandsfähig und dankbar für die Herausforderungen und Chancen zu sein, die ihnen anvertraut wurden.
Ich glaube, einige Leiter sind durch ständige Veränderungen und Herausforderungen frustriert und müde geworden. Sie wünschen sich Beständigkeit und Verlässlichkeit – bewährte Methoden und Wege, die funktionieren. Wie gelingt es dir persönlich und beruflich in deinem Team, wirkliche Begeisterung für das Neuland zu empfinden und offen zu sein für Veränderungen? Ist das (nur) eine Persönlichkeitsfrage oder kann man das lernen?
Es ist normal und natürlich, dass man sich gegen Veränderungen wehrt, denn die meisten Veränderungen werden als Verluste erlebt. Menschen durch den Wandel zu führen, bedeutet also, sie durch diese Verluste zu führen, die sie ertragen müssen. Für Christen, denen gesagt wurde, dass Jüngerschaft bedeutet, dass man „seine Netze liegen lässt“, „Vater und Mutter hinter sich lässt“, „sein Kreuz auf sich nimmt“ oder „der Same ist, der in die Erde fällt“, klingt das vertraut. Und doch ist es sehr schwer. Selbst Jesus betete um einen anderen Weg, bevor er sich bereiterklärte, den „Kelch“ seines eigenen Opfers anzunehmen.
Wenn wir also Menschen durch Veränderungen und Verluste begleiten, müssen wir lernen, sie durch ihren verständlichen Widerstand hindurchzubegleiten. Viele von uns wissen, wie man mit Personen umgeht, die mit den Verlusten des Menschseins konfrontiert sind, aber wir können auch lernen, wie man Gemeinschaften, Gemeinden und Organisationen durch sinnvolle, fruchtbare Verluste begleitet.
Inwiefern kann auch die Bibel dazu ermutigen, immer wieder in unbekannte Gewässer aufzubrechen und sich und sein Team weiterzuentwickeln? Hast du bestimmte Bibelverse vor Augen, die dich dabei persönlich ermutigen?
Die Bibel ist eine große, epische und wahre Geschichte darüber, wie ein Volk, das von Gottes Geist geleitet wird, zur Hoffnung der Welt wird. Durch die Wüste, durch das Exil, durch die Kirche, die zu allen Völkern der Welt geht, bis hin zu dem Tag, an dem sich alle Stämme, Sprachen und Nationen vor dem Thron versammeln werden – das bedeutet, offen zu sein für die Art und Weise, wie wir immer wieder aus unserer Komfortzone in die Wege und Fußstapfen von Jesus gerufen werden. Mir kommen sofort zwei Verse aus dem AT und dem NT in den Sinn: „Wir wissen nicht, was wir tun sollen. Darum blicken wir auf dich!“ (2. Chronik 20,12) und „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich jetzt euch!“ (Johannes 20,21).
In deinem Buch „Canoeing the mountains“ (frei übersetzt: „Kanufahren in den Bergen“) schreibst du im ersten Kapitel, dass Leiten in Veränderungsprozessen sowohl unsere Lernbereitschaft erfordert als auch manchmal die Notwendigkeit, Dinge loszulassen. Welche Dinge musstest du schmerzlich lernen loszulassen, und was hast du dadurch gelernt?
Ich musste die Vorstellung loslassen, dass Gottes Segen und seine Gegenwart in meinem Leben bedeuten würden, dass mein Dienst so aussehen würde, wie ich es mir vorgestellt hatte. Vor allem musste ich lernen, die Erwartung aufzugeben, dass ich so erfolgreich sein würde, wie ich es mir wünschte, und mich stattdessen auf das zu konzentrieren, was Gott von mir wollte. Ich sagte einmal zu einer Gruppe von Pastoren, was ich selbst erlebt hatte: „Ich glaube nicht, dass es das Ziel ist, unsere Gemeinden am Leben zu erhalten ... Alle Gemeinden von Paulus sind tot. Aber WIR sind hier.“ Wenn man Menschen durch Veränderungsprozesse führt, denken sie unweigerlich: „Wenn wir diese Veränderung vornehmen, dann wird unsere Kirche sicherlich wachsen und gedeihen.“ Das ist die Hoffnung – aber manchmal bedeutet Veränderung um der Mission Gottes willen, dass bestimmte Dienste ihre Zukunft und Relevanz überdenken sollten. Das Ziel ist niemals das institutionelle Überleben, sondern das missionarische Gedeihen.
„Das Ziel ist niemals das institutionelle Überleben, sondern das missionarische Gedeihen."
In einer Podcastfolge sprichst du über das Verhältnis von Vertrauen und Veränderung und sagst, dass Veränderungen Vertrauen erfordern, sogar davon abhängen. Wie gewinnen Leiterinnen und Leiter das Vertrauen der Menschen, die sie leiten? Was braucht es dafür am meisten?
Vertrauen wird langsam aufgebaut und entsteht im Laufe der Zeit durch eine Kombination aus Kompetenz und Kongruenz. Das bedeutet, dass Leiter Vertrauen aufbauen, wenn sie ihre Pflichten erfüllen UND sich um ihre Leute kümmern. Wenn ein Pastor also treu Gottes Wort lehrt, sorgsam Seelsorge betreibt, kompetent die Gemeindeversammlungen leitet und ehrlich mit Finanzen umgeht, wächst das Vertrauen. Es ist wie bei einem Thermostat: Durch konsequentes, glaubwürdiges Handeln erwärmt sich der Raum langsam. Aber Vertrauen zu verlieren, ist wie das Betätigen eines Lichtschalters: Ein Verstoß und alles wird sofort dunkel. In unserer Arbeit ist Vertrauen die notwendige Voraussetzung für Veränderung. Denn: Niemand wird uns auf unbekanntes Terrain folgen, wenn er uns nicht bereits auf bekanntem Gelände vertraut.
Was ermutigt dich in deiner Leitungsverantwortung am meisten?
Vor allem, wenn ich die Last der Führungsverantwortung spüre, werde ich am meisten durch die Erinnerung daran ermutigt, was ein Mentor vor langer Zeit zu mir sagte: „Gott wirkt durch dich. Und trotz dir.“ Zu wissen, dass ich bei meinem Dienst mit Gott unterwegs bin, ist eine große Ehre und Motivation. Ich möchte zu dem Guten beitragen, das Gott in der Welt tut. Aber wenn ich mich daran erinnere, dass dies in erster Linie sein Werk ist, kann ich mich entspannen in dem Wissen, dass Gott seine Absichten verwirklichen wird. Deshalb ist es jeden Abend, wenn ich einschlafe, ein Akt des Glaubens und des Vertrauens, wenn ich bete: „Gott, ich vertraue darauf, dass du das Universum am Laufen hältst. Wenn ich also ausgeruht aufwache, bitte ich dich, dass du mich für das einsetzt, was du in der Welt tust.“
Was mir auch Hoffnung gibt, ist, dass ich mit Christen aus dem gesamten theologischen Spektrum zusammenarbeite – mit verschiedenen Presbyterianern, Lutheranern, Baptisten, Pfingstkirchen sowie unzähligen Nicht-Konfessionellen und Freikirchen. Ich spreche mit Universitätsleitern, Leitern von Missionswerken und Christen auf dem Markt. Was wir alle gemeinsam haben, ist unsere Bereitschaft, miteinander zu reden und gemeinsam zu experimentieren angesichts der sich verändernden Welt vor unserer Tür. Viele verschiedene Gruppen schließen sich zusammen, um zu lernen, wie man sich in einer Welt, die sich im Wandel befindet, zurechtfindet, und erkennen, dass sie von anderen lernen müssen – das ist für mich sehr ermutigend.