Jara Giesler (31) kam mit gemischten Gefühlen 
und Gedanken auf den letzten Leitungskongress 
in Karlsruhe. Wie sie dort von Gott berührt wurde, erzählt sie in ihrem bewegenden Erfahrungsbericht.

Etwa eine Woche vor Beginn des Leitungskongress 2024 brach in meinem dienstlichen Kontext eine Verletzung erneut auf, die ich im März 2020 in meiner damaligen Gemeinde erlebt habe. Lange Zeit war mir nicht bewusst gewesen, dass ich die Folgen geistlichen Missbrauchs durchlebe: Meine Gottesbeziehung ist nach wie vor gestört, obwohl ich es mir anders wünsche, und mein Kopf ist alarmbereit in allen christlichen Kontexten, in denen ich mich bewege. In dieser Hab-Acht-Stellung, mit einer latenten Sorge vor Themen, die mich wütend machen könnten, und dennoch hoffnungsvoll auf eine gute Zeit, fuhr ich auf den LK24. Was ich hingegen nicht erwartet hatte, war das, was ich tatsächlich dort erlebte. 

Megan Marshman hielt die letzte Session des ersten Tages, und nach kurzer Zeit merkte ich, wie ihre Worte etwas in mir bewegten: „He wants to use THAT THING to make you more like him.“ Gott treffe mich genau dort, wo ich gerade stünde: in meinem Schmerz, in meiner Freude, in dem, was mich in diesem Moment bewegte. Zur Verbildlichung dafür, wo man stehen kann, nutzte Marshman die „Seasons of the Soul“ – die Jahreszeiten der Seele: Menschen, die gerade einen Herbst durchleben, gehen durch Veränderungen und wagen Schritte in eine neue Richtung. Wer sich hingegen im Winter befindet, will sich lieber verstecken. Geistliche Gemeinschaft fühlt sich riskant, verletzlich, schmerzhaft und hart an. Der Frühling wiederum steht für das Erleben neuer Dinge, das Ergreifen neuer Chancen und das Bauen neuer Beziehungen. Wer gerade den Sommer erlebt, ist voller Energie und Kraft, um in Kirche richtig was zu bewegen. 

Der Vortrag endete mit Gebet für die Menschen in den jeweiligen Seasons. Wer wollte, durfte in der eigenen Season aufstehen. Nun stand ich da und offenbarte mich vor tausenden Menschen, wie es tatsächlich um mich und meine Gottesbeziehung stand: eisig. Eingefroren an dem Zeitpunkt, an dem ich meine Verletzung erlebte. Ich befand mich im tiefsten Winter. Etwas, das ich im Alltag bestens ignorieren konnte, kam in diesem Moment zum Vorschein. Mein Wunsch nach Heilung sah nun der Scham, zu meinem inneren Winter zu stehen, in die Augen. Kaum begann das Gebet für die Winter-Menschen, brachen meine Dämme. Ich musste weinen wie schon lange nicht mehr, als würde da ein Schmerz an die Oberfläche kommen, den ich einige Jahre sicher verpackt hatte. Der Moment war trotz der sich breitmachenden Traurigkeit kraftvoll und befreiend. Ich fühlte mich gesehen und getragen in meinem Schmerz, da mir meine Kongress-Begleiterinnen und zwei fremde Frauen Beistand leisteten. Im anschließenden Lobpreis betete ich still für eine tiefe und ehrliche Begegnung mit Gott – nicht wissentlich, dass ich diese auf dem Kongress noch erleben würde. 

Am letzten Kongresstag sprach Jörg Ahlbrecht über Hoffnung für Verwundete und damit über die inneren Verletzungen, die wir in uns tragen. Er erklärte unter anderem die verschiedenen Strategien, wie man mit Verletzungen umgehen könne: sie verdrängen, sie zur eigenen Identität machen oder die blutenden Wunden von Jesus verbinden lassen. Die ersten beiden Strategien wandte ich bereits in vollem Umfang an. Die dritte Strategie hatte ich bisher weitestgehend ignoriert, obwohl sie die wohl effektivste ist. Ich erkannte erneut:
 Meine Wunde blutete noch und Ahlbrechts Worte trafen den Kern meiner Verletzung. 
In der anschließenden Lobpreiszeit bahnten sich meine Emotionen wieder ihren Weg an die Oberfläche. Glücklicherweise war ich auch an diesem Tag in guter Begleitung und meine Freundin sang das Lied „I speak Jesus“ aus vollstem Herzen für mich mit. Bei dem anschließenden Lied „Ich laufe zum Vater“ merkte ich, wie meine Seele vor Gott auf die Knie ging. Das mag merkwürdig klingen, aber so fühlte es sich an. Ich versuchte, all meinen Schmerz abzugeben, endlich loszulassen. „Gott hier bin ich. Heile mein Herz. Zeig dich“, war mein Gebet – und Gott zeigte sich. Seit langer Zeit hatte ich zum ersten Mal wieder das Gefühl, tief und ehrlich von Gott berührt worden zu sein. 

Ich bin im Winter gekommen und im Frühling gegangen. Da ist was heil geworden. Bei weitem nicht alles. Für Heilung tiefer Wunden zu beten reicht, meiner Erfahrung nach, nicht aus und viele Gebete bleiben unbeantwortet. Es sind vielmehr innere Prozesse, denen man sich regelmäßig stellen und Themen, die man für sich bewegen muss, um echte Heilung zu erfahren. Das ist unfassbar anstrengend und auch vor mir liegt noch ein weiter Weg. Ob meine Verwundung jemals ganz heil wird, weiß ich nicht. Doch auf den LK24 zu fahren, war für mich ein großer Schritt in Richtung „heiler werden“ und zurück zu Gott.

Jara Giesler (31 Jahre, Gießen, Jugendbildungsrefentin im 
Gemeindejugendwerk Hessen-Siegerland)

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