Liz Bohannon leitet das Mode-Label Sseko Designs – ein Sozialunternehmen, das sie vor zehn Jahren mit drei Frauen in Uganda gegründet hat. Durch die Herstellung und den Verkauf von Sandalen, Taschen, Schmuck und Kleidung bietet das Unternehmen Frauen in Afrika Arbeitsplätze, Führungstraining und finanzielle Förderung für ein Universitätsstudium. Durch ihre unkonventionelle Herangehensweise bei der Unternehmensgründung ist Liz Bohannon zu einer Inspiration für viele geworden, die, wie sie ohne unternehmerischen Hintergrund, Ideen Wirklichkeit werden lassen wollen.

Mit 22 Jahren kündigte Liz Bohannon ihren ersten Job nach dem Journalistikstudium, nur drei Monate, nachdem sie ihn angetreten hatte. Sie spürte: Mein Herzensanliegen, das sich während meiner Collegezeit entwickelt hat, kommt dort nicht zum Zuge. Ich möchte Frauen helfen, die mit den Missständen in extremer Armut zu kämpfen haben. »Ich hatte so einen ›Komm zu Jesus-Moment‹«, erzählt sie über ihre plötzliche Kehrtwende. »In diesem Moment habe ich kapiert, dass ich zwar leidenschaftlich interessiert war an den Fragen weltweiter sozialer Gerechtigkeit – aber keine einzige Person kannte, die tatsächlich in ­extremer Armut lebte. Es gab eine große Lücke ­zwischen meinen intellektuellen Überzeugungen und meinem wirklichen Leben.«

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Lamic Kirabo war das Gesicht des ersten Modekatalogs, den Sseko Designs in Uganda veröffentlichte. Das inzwischen international gefragte Model sagt: »Gott hält mich fest in seiner Hand – ihm vertraue ich, auch wenn nicht alle meine Pläne aufgehen.«

Nach ihrer Kündigung reiste sie nach Uganda, um sich dort in Sozialprojekten zu engagieren. Ohne konkreten Plan. Schnell wurde deutlich: Bildung ist ein wesentlicher Schlüssel, um dem Armutskreislauf zu entkommen. Bildung, die viele Frauen sich nicht leisten können. »Ich habe in Uganda eine Gruppe von 25 unglaublich fähigen Frauen getroffen, die zu den Top-5-Prozent akademisch begabter Personen im Land gehörten«, erzählt Liz. »Aber sie konnten nicht aufs College, weil sie in der Zeit, in der sie hätten Geld verdienen können, keine Jobs finden konnten! Denn sie kamen aus Gegenden in Uganda mit einer Jugendarbeitslosigkeits-Rate von 80 Prozent.« Ein anderes Problem ergab sich durch den sozialen Druck auf junge Frauen, nicht das College zu besuchen, sondern früh zu heiraten und Kinder zu bekommen.

Bohannon setzte sich deshalb zum Ziel, Frauen mit Führungspotenzial zu entdecken, um ihnen den Weg zum Studium zu ebnen. Sie war begeistert von der Idee, gezielt in einige wenige Menschen zu investieren – die später Führungspositionen in Uganda einnehmen und Einfluss auf die Entwicklung des Landes haben könnten.

Sseko – das Wort für Lachen in ugandischer Sprache – begann mit drei ugandischen Frauen und einem einfachen Plan: Neun Monate würden sie Sandalen herstellen, die Liz anschließend Freunden und Bekannten in den USA verkaufen würde. Mit dem Gewinn würde jungen Frauen in Uganda ein Universitätsstudium finanziert. Als Vorlage diente eine einfache Sandale, die Liz für sich selbst in ihrer Collegezeit angefertigt hatte: Herkömmliche Flip­flops wurden an den Rändern durchbohrt und mit bunten Bändern zu einer Schnürsandale umdesignt. Produziert werden sollte sie mit Materialien, die auf dem örtlichen Markt in Uganda erhältlich waren.

Der Plan ging auf – und übertraf alle Erwartungen: In nur zehn Jahren ist Sseko Designs zu einem erfolgreichen Sozialunternehmen geworden. Durch das 9-monatige Programm (das zeitlich zwischen Highschool und Beginn des Uni-Studiums liegt) konnten bisher 67 Frauen ein Universitätsstudium abschließen, das durch Sseko Designs finanziert wurde. Sseko bietet den jungen Frauen damit einen gut bezahlten Job und verdreifacht obendrein das Geld, das die Angestellten während der 9 Monate fürs Studium gespart haben. Neben dem Studien-­Förderprogramm haben aktuell 61 Frauen einen festen Arbeitsplatz, der Vertrieb der Produkte bietet zudem 600 Menschen ein geregeltes Einkommen.

Mit vielen kleinen strategischen Schritten zum Ziel

Auf der Unternehmens-Webseite berichten ­Mitarbeiterinnen der Werkstatt in Kampala über ihre ­Zukunftsträume.

Liz war klar: Ihre Vision, benachteiligten Teenagern in Uganda zu helfen, würde nur dann Erfolg haben, wenn Sseko Designs auch qualitativ hochwertige Produkte herstellt, die Menschen tatsächlich tragen wollen. Die Unternehmensgründerin: »Auch in einem Sozialunternehmen muss das Produkt so hochwertig sein, dass andere es nicht nur aus Mitleid kaufen!« Zugleich müssen alle, die an der Herstellung beteiligt sind, sich ganz damit identifizieren können. Es muss ihnen Würde und Sinn verleihen, sagt Bohannon.

Neben einer überzeugenden Vision gehört für Liz auch eine funktionierende Strategie zum Aufbau eines erfolgreichen Sozialunternehmens. Ihre Erfahrung: Viele Sozialunternehmen beschäftigen sich lieber mit ihrer Mission, statt regelmäßig auch über die Unternehmensentwicklung nachzudenken.

Im kirchlichen Kontext und im Non-Profit-Bereich sind viele zu ängstlich, findet Bohannon: »Wenn man etwas gründet, ist es notwendig, die Zielgruppe klar zu identifizieren. Wenn eine neue Initiative oder ein Produkt so breit angelegt ist, dass es sich an alle richtet, bleibt es profillos. Niemand wird von Beliebigkeit angezogen.«

Sseko Designs hat ein klares Kundenprofil erstellt. Wenn Menschen sich darin nicht wiederfinden, sei das völlig okay, sagt Liz Bohannon. »Wir ändern deshalb nicht unser Unternehmensprofil.« Entscheidend ist, authentisch in der Unternehmensführung zu sein. Und auch nicht nach dem einen großen Wurf zu schielen, der einem den Durchbruch beschert. »Es sind die vielen kleinen, konsequenten Schritte, die Mikro-­Risiken, die man bewusst eingeht, die langfristig für eine erfolgreiche Umsetzung der eigenen Idee sorgen.«