Was für eine wilde Zeit: Konflikte rund um Bill Hybels, große Veränderung in der Willow Creek Community Church bei Chicago, Corona-Abbruch des Leitungskongresses in Karlsruhe, starke Verunsicherung der Gemeindeszene durch die Pandemie. Was macht das alles mit der deutschsprachigen Willow Creek-Kongressbewegung?

Natürlich lässt uns das als Mitglieder des Willow-Vorstands oder Geschäftsstellenteams nicht kalt. Es beschäftigt uns und zwingt zu einem Durchdenken und Prüfen der Situation. Und natürlich werden wir auf all diese Veränderungen reagieren: Willow wird digitaler und vernetzter kommunizieren und noch fokussierter in seinen Aufgaben. Unser Auftrag aber – und das sollte nicht überraschen – bleibt unverändert: Mit inspirierenden Kongressen Leitende und Mitarbeitende ermutigen und ausrüsten, den Auftrag von Jesus Christus immer besser und vitaler zu leben. Warum? Weil dieser Auftrag noch lange nicht erledigt ist – bestenfalls angekratzt.

Die Willow-Creek-Bewegung hat gemeinsam mit anderen viel bewirkt, Gottesdienste und Gemeindearbeit relevanter und auftragsorientierter zu gestalten. Wir freuen uns über tausende Gemeinden, die konkrete Impulse aufgenommen haben. Aber es bleibt noch unendlich viel zu tun. Missionarische Veränderung geht nur in einem geduldigen Prozess, der nicht einfach irgendwann erledigt ist. Hinzu kommt, dass wir vor einem gewaltigen Traditionsbruch und Wandel unserer Gesellschaft stehen, der uns in unserem Auftrag verstärkt fordert: Ja, die Gemeinde ist Hoffnung für die Welt – wenn sie ihre Arbeit gut und richtig macht!

Zukunft mit alten Werten

Das klingt verdächtig nach Bill Hybels – und so ist es auch: Er und sein Team in der Willow- Gemeinde in den USA und das vitale Netzwerk missionarischer Kirchen darum herum hat ein bleibendes Ziel gesetzt, das uns weiter verpflichtet, weil es biblisch und notwendig ist. Unser Ziel ist die Teilhabe an der Missio Dei, der Fokus auf missionarische Gemeinde mit innovativem Profil. Schon bei der Eröffnung des Leitungskongresses 2020 habe ich darauf hingewiesen, wie sehr wir die Konflikte rund um Bill Hybels und die Willow Creek Community Church bedauern und auf klare Worte von Bill und einen gelingenden Neuanfang in der Gemeinde hoffen. Was wir uns trotz der Konflikte nicht aus der Hand nehmen lassen, ist die Gültigkeit der missionarischen Paradigmen, die unsere Kongress-Bewegung geistlich verankern und hilfreich auch für unsere Situation in Mitteleuropa machen.

Deshalb gilt: Jetzt erst recht müssen wir investieren in vitale missionarische Gemeinden, die den Auftrag von Jesus Christus kreativ und leidenschaftlich leben! Jetzt erst recht müssen wir investieren in gute Leitung mit Charakter und Integrität, in ein gutes Umgehen mit Macht und Einfluss – denn gute Leitung ist ein strategischer Schlüssel für wachsende Gemeinden. Jetzt erst recht müssen wir unsere Erfahrungen teilen, Best-Practice-Beispiele kennenlernen, Inspiration und Hoffnung vermitteln! Jetzt erst recht – weil unsere Aufgabe in Kirche und Gesellschaft noch lange nicht erledigt ist.

Claims mit bleibendem Drive

Deshalb gilt weiter, was uns als wichtige Leitsätze oder Claims von Willow Creek seit den 1990er Jahren bekannt ist:

LOST PEOPLE MATTER TO GOD

Wir wollen Menschen durch Wort und Tat mit dem Evangelium vertraut machen – sie sind Gott und uns nicht gleichgültig.

TURNING IRRELIGIOUS PEOPLE INTO FULLY DEVOTED FOLLOWERS OF CHRIST

Es geht um Mission und Jüngerschaft, um unsere Sendung und um Gemeinden und einzelne Christen, die zur Reife heranwachsen, ihren Glauben ausstrahlen und weitergeben.

ONE LIFE AT A TIME

Im Gegensatz zu manchem Missverständnis über Mega-Churches in den USA geht es uns nicht um gewaltige Programme, große Zahlen, blitzende Bühnen und bunte Scheinwerfer. Es geht um den einen einzelnen Menschen, dem Gottes Liebe gilt – deshalb geht es auch uns um die langen geduldigen Wege zu den Menschen, für die vitale Gemeinden Schaufenster, Tankstelle und Sendungsort sind.

EVERYONE WINS WHEN A LEADER GETS BETTER

Jede und jeder ist zu unseren Kongressen eingeladen – aber am meisten freuen wir uns über Leitende mit ihren Gruppen aus Gemeinden, Werken oder Firmen. Denn Leitende haben strategischen Einfluss und können die großen Weichen Richtung Zukunft stellen. Bei ihnen Resilienz, Leidenschaft, Mut und Wissen zu stärken, ist deshalb Fokus unseres Auftrags.

THE LOCAL CHURCH IS THE HOPE OF THE WORLD – WHEN IT DOES ITS WORK RIGHT

Das ist dieser für manche polarisierende Satz, der über unserer Arbeit steht. Man kann sich an ihm reiben, man kann ihn aber auch richtig verstehen: Die Arbeit von Gemeinden absichtsvoll, durchdacht und immer wieder kritisch reflektiert am Auftrag von Jesus auszurichten – darum geht es. Und das in derselben Leidenschaft und Liebe, wie wir es bei Willow Creek gesehen haben – von diakonischer Hilfe über den Jüngerschafts- und Reife-Fokus bis hin zur Evangelisation: Wenn Gemeinde mehr ist als zaghafte Fortschreibung von Tradition, kann sie zum richtungsweisenden Hoffnungs-Leuchtturm werden.

Klein und groß

Inmitten dieses großen Auftrags und vieler faszinierender Impulse aus der weltweiten Gemeindelandschaft steht Willow Creek als Kongressbewegung für den deutschsprachigen Raum. Ein kleines Team mit fokussiertem Auftrag und sehr begrenztem Budget – in dieser Zuspitzung aber hoffentlich unverzichtbar, inspirierend und vernetzend. Als Organisation sind wir nicht groß und wichtig – wichtig ist das Vertrauensverhältnis und die Partnerschaft zu den Kirchen, Gemeinden und Verbänden, mit denen wir gemeinsam unterwegs sind. Wichtig ist die Kongress-Arbeit als Sprungbrett für Ideen und Inspiration, damit die große gemeinsame Vision vorwärtskommt. Unser Fokus ist die Gemeinde und ihr Auftrag – und der Einzelne als Einflussperson in diesem Auftrag.

Deshalb geht es Willow Creek als Kongressbewegung immer um »das Ich im Wir«. Um Menschen, die ihren individuellen Lebensauftrag in Verbindung mit den einzigartigen Möglichkeiten der Gemeinde sehen. Menschen, die nicht nur persönliche Erbauung suchen, sondern begreifen, wie stark ihre Gaben an den richtigen Ort kommen, wenn sie im Zusammenhang mit dem Potenzial der Gemeinde Jesu eingesetzt werden – von Kirche, unter welchem Namen sie sich auch immer vor Ort ereignet. Deshalb gehört die Arbeit von Willow Creek im deutschsprachigen Europa eigentlich den Gemeinden – und ist kraftvoll, so lange diese Gemeindebewegungen das wollen.

In diesem Sinne sehen wir uns als Partner und Plattform: Wer immer missionarisch bewegt ist und Jesus Christus nachfolgen will, kann seine Fragen und Impulse einbringen, damit es gemeinsam besser geht: Grenzen zwischen den Kirchen sollen uns nicht hindern, voneinander zu lernen, um mehr Kraft und Fokus zu erhalten. Längst ist klar: Der große Auftrag Jesu gelingt nur gemeinsam – die Aufgabe ist zu groß, als dass es ein Verband, eine Kirche oder eine Bewegung alleine schaffen könnte!

Willow-Kongresse vermitteln keine Tricks für die Gemeindearbeit.

Plattform für viele

Deswegen wollen wir mit unserer Kongressarbeit, unserem Magazin oder den zunehmenden digitalen Impulsen weiter einen breiten Blickwinkel wahrnehmen: Ideen aus verschiedensten Kirchen und Gemeinden aufnehmen sowie Best-Practice-Beispiele aus Wirtschaft, Kultur, Kunst und Wissenschaft – also alles, was die Barrieren zwischen Kirche und Gesellschaft um Jesu Willen niedriger schrauben kann. Daher sehen wir auch weiterhin unseren Fokus in der Persönlichkeit des Leitenden und in der persönlichen Nachfolge Jesu: Es geht um Charakter, Integrität und Glauben auf der Langstrecke, denn missionarische Vision verlangt Geduld, Augenmaß und Beharrlichkeit. Willow-Kongresse vermitteln keine Tricks, magische Formeln oder Abkürzungen für die Gemeindearbeit, sondern wollen Mutmacher und Kraftquellen auf den langen Wegen der Nachfolge sein. Dabei ist uns zunehmend wichtig, eine Plattform für all jene zu sein, die unsere Ziele teilen – von Alpha-Kursen bis Fresh X, etablierten Kirchen bis jungen Bewegungen.

Was wir weiterhin nicht anbieten ist das, was jede Kirche, jeder Verband, jede Gemeinde auch selbst tun kann oder ohnehin tut: Umsetzung, Begleitung, Training. Wir achten, dass jede Kirche und jeder Verband hierfür eigene Strukturen besitzt. Unser Fokus sind die großen Kongresse. Dafür haben wir uns in Vorstand und Netzwerk immer breiter und kompetenter vernetzt und bleiben zugleich off en für neue Partner auch im Hinblick einer zunehmenden missionarischen Ökumene. Vielfalt gilt deshalb auch auf der Willow-Bühne: Schon die Kongresse in den USA verstanden sich immer als ›Willow plus‹ – haben thematisiert und vorgestellt, was sich landes- und weltweit tut und hilfreich und inspirierend für die Vision Gemeinde war. Auch Willow Creek wird hierzulande versuchen, innovative US-Partnerkirchen über Willow Creek hinaus einzubinden. Das gilt auch für beispielsetzende Gemeinden oder Bewegungen aus dem deutschsprachigen Europa. Jenseits von Konkurrenz und Abgrenzung will Willow ›Ownership‹ und Plattform für viele bieten, damit Kirchen und Gemeinden weiter aufblühen. Dazu soll auch der nächste Leitungskongress vom 10.-12. Februar 2022 in Leipzig beitragen, für den bereits ein attraktives Programm mit renommierten Namen und Impulsen in Vorbereitung ist.