Session 1: Prof. Dr. Michael Herbst: „Weshalb wir Grund zur Hoffnung haben"

 

„This little light of mine, I’m gonna let it shine …” Gänsehautmoment zu Beginn der ersten Session beim LK24 in Karlsruhe: Die zwölfjährige Maite steht auf der Bühne und singt mit den Worten des bekannten Spirituals, was den Leitungskongress prägen soll: eine Botschaft der Hoffnung. Dieses Licht in uns kann trotz aller Widrigkeiten strahlen – hinaus in die Gemeinden, Kirchen und das ganze Land. Hoffnung schenken. Denn: „Ihr seid das Licht.“
 
Der Gemeindeaufbauexperte Prof. Dr. Michael Herbst zählt mittlerweile zum „Inventar“ von Willow Creek Deutschland. In seinem Impuls am Donnerstagmorgen erklärt der emeritierte Professor für Praktische Theologe zunächst Grundsätzliches zum Begriff „Hoffnung“.
Hoffnung sei „zutiefst menschlich“, so Herbst. „Wer lebt, hofft.“ Philosophisch betrachtet stehe Hoffnung oft im Widerspruch zum Wahrscheinlichen und sei ausgerichtet auf das Wünschenswerte – das prinzipiell Mögliche. Sie sei „anpassungsfähig“ und „wandelbar“. Schwerkranke zum Beispiel hofften auf den nächsten Frühling, dann den nächsten Geburtstag, das nächste Familienereignis.
Der Philosoph Immanuel Kant habe gefragt: Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Welche Antworten kann der Glaube hier geben?
 
Herbst erzählt mit launigen Worten die Geschichte von Abraham und seiner Frau Sara. „Eigentlich ist ihre Zeit abgelaufen. Da kommt nichts mehr, hatte Abraham wohl gedacht. Eine zahnlose Greisin soll ein Kind bekommen? Bei uns sind doch alle Messen gesungen!“ Doch dann schaltet sich Gott ein und sagt: „Ihr werdet ein Kind bekommen.“ Und das soll erst der Anfang sein. Tatsächlich: Abraham und Sara zogen los, heißt es in der Bibel. „Woher hatten sie ihre Hoffnung?“, fragt Herbst. „Nicht aus sich selbst. Nicht, weil sie Optimisten waren. Sie gingen auch nicht in sich. Gott sprach mit ihnen und gab ihnen ein Versprechen. Das reichte.“ Denn, so Herbst: „Hoffnung ist keine innere Kraft. Hoffnung ist kein Gefühl. Hoffnung ist die Antwort auf ein Versprechen Gottes.“
 
Die christliche Hoffnung hänge sich an Gottes Versprechen. „Gott ist treu. Hoffnung im Glauben ist ein Hoffen ‚auf‘ Gott, statt ein Hoffen ‚dass‘ …“ Als Israel im verheißenen Land angekommen war, da habe Gott Josua und das Volk aufgefordert, Bilanz zu ziehen. Wie sah es mit Gottes früheren Verheißungen aus? „Da zeigte sich: Alles ist eingetroffen. Die Liste ist abgehakt. Gott hat Wort gehalten.“ Darauf könnten wir als Christinnen und Christen unsere Hoffnung setzen. „Eines Tages werden wir feiern und staunen. Es ist alles so gekommen, wie Gott zugesagt hat. Er war treu. Wir nicht immer. Er schon.“
Herbst stellte drei Formen der Hoffnung vor: zunächst die „endliche Hoffnung“ auf Glück, langes Leben, Liebe, Kinder, Erfolg. „Es ist völlig in Ordnung, dass wir die auch als Christen haben, auf das Schöne im Leben hoffen und Gott darum bitten.“ Aber nicht jede endliche Hoffnung erfülle sich. Das Endliche bleibe Stückwerk. Endlich.
 
Dazu trete die „radikale Hoffnung“ auf Gottes Neuschöpfung – „nicht ein bisschen Frieden, sondern das Ende aller Gewalt. Nicht nur langes Leben, sondern ewiges Leben.“ Sei dies naiv? Die Flucht vor der Realität? Die radikale Hoffnung schaue nicht voraus, so Herbst, sondern zurück auf den Hügel mit dem Kreuz. „Durch die Auferstehung hat Gott eine Schneise in unsere Welt geschlagen. Dort geschieht, was Menschen nicht möglich ist. Hoffnung, die das Menschenmögliche übersteigt. Wir haben Grund, radikal zu hoffen.“ 
 
Drittens die „verwandelnde Hoffnung“ für diese Welt. „Nicht, dass wir die Erde zum Paradies umbauen könnten“, sagt Herbst. „All unser Bemühen wird nicht den Himmel auf Erden schaffen. All unser Bemühen muss auch nicht den Himmel auf Erden schaffen. Aber hier beginnt etwas Neues.“
Es geht nicht um unsere innere Hoffnungskraft. „Das, worauf es ankommt, liegt außerhalb meines Herzens, erklärt Herbst. „Wenn ich die Hoffnung in mir suche, dann schwindet sie. Wenn ich jedoch auf den schaue, der meine Hoffnung ist und meine Hoffnungsschwäche zur Kenntnis nimmt, dann wächst die Hoffnung.“ Herbst schließt mit den Worten: „Die Hoffnung stirbt nicht nur zuletzt, die Hoffnung lebt zuerst. Denn die Hoffnung hat einen Namen: Jesus.“