Session 3: Hoffnung für kleine Gemeinden – Karl Vaters

 
Fällt das Stichwort „Willow Creek“, dann denken manche an volle Messehallen, einladende Gottesdienste, coole Worship-Bands – so wie beim LK24 in Karlsruhe – und Megachurches. Was aber, wenn die eigene Gemeinde zwar lebendig, aber eher klein ist? US-Pastor Karl Vaters ist ein Experte für die Besonderheiten kleiner Gemeinden. Seine Erfahrungen teilt er am Donnerstagnachmittag mit den Kongressbesucherinnen und -besuchern.

„25 Jahre lang habe ich gedacht, Pastor einer ‚großen‘ Gemeinde zu sein, die einfach noch nicht gewachsen war“, resümiert er seine frühen Jahre als Pastor. Auf Kongressen hatte es stets geheißen: „Ihr müsst als Gemeinde wachsen.“ Da stellte sich ihm die Frage: „Was mache ich als Pastor falsch, wenn meine Gemeinde nicht wächst?“ Heute wisse er: Es ist nichts Falsches daran, eine kleine Gemeinde zu leiten.

Drei Dinge sind laut Vaters zum Verständnis kleiner Gemeinden wichtig.

 1. „Es gibt eine Besessenheit in Bezug auf die Größe von Gemeinden. Dabei sind kleine Gemeinden normal.“ Über 90 Prozent der Gemeinden weltweit haben weniger als 200 Gottesdienstbesucher, über 80 Prozent sogar unter 100. „Kleine Gemeinden sind kein Problem, sondern ein Teil von Gottes Strategie.“ Zwei klassische Fehleinschätzungen: Klein ist schlecht und Wachstum löst alle Probleme. Vaters: „Bigger fixes nothing!“ Kleine und große Gemeinden hätten ihre ganz eigenen Herausforderungen. Vaters ist überzeugt: „Gesunde, kleine Gemeinden sind ein Motor des Wachstums der Christenheit.“

 2. „Je größer deine Gemeinde ist, desto mehr Überschneidungen gibt es mit anderen Gemeinden. Je kleiner, desto weniger.“ Auf Konferenzen habe er oft Vorträge von Leitern großer Gemeinden gehört, die in seiner kleinen Gemeinde nicht funktioniert hätten. „Haben die es falsch verstanden? Oder bin ich dumm?“ Weder noch, denn: „Wir leben in verschiedenen Settings.“

Warum besuchen Menschen kleine Gemeinden? Die häufigsten Antworten lauten:

Der Pastor kennt meinen Namen

Ich als Person mache einen Unterschied

Es fühlt sich an wie zuhause


„In einer großen Gemeinde habe ich womöglich selbst nach Jahren noch nie ein persönliches Gespräch mit dem Pastor gehabt“, sagt Vaters. „In einer kleinen Gemeinde gibt es dagegen eine gute Chance, dass er sogar meinen Namen kennt". Für alle Pastoren kleiner Gemeinden hat Vaters deshalb direkt eine „Hausaufgabe“ parat: „Lernt die Namen eurer Leute!“ Denn: „Beim Gespräch im Foyer, da kannst du strahlen.“


3. Je größer die Gruppe, desto mehr Gemeinsamkeiten. „Gemeinden mit 2.500 und 25.000 Gottesdienstbesuchern zählen zum selben Typus Kirche. Aber 250, das ist völlig anders. Und 20 oder 50 ist noch einmal ein völlig anderer Typ.“ Je kleiner, desto einzigartiger. „Vielleicht fragen sich manche von euch: Warum ist meine Kirche eigentlich so komisch.“ Große Erheiterung im Saal. „Ja: je kleiner, desto komischer“, schmunzelt Vaters und rät: „Umarmt die Gemeinsamkeiten – aber auch eure Einzigartigkeit.“


Anschließend gibt‘s ein kleines Statistik-Experiment: Vaters lässt alle im Saal aufstehen, die zu einer Gemeinde mit weniger als 100 bzw. 200 Gottesdienstbesuchern gehören. Und siehe da: Ein Großteil der Besucherinnen und Besucher steht auf. „Seht ihr, ihr seid nicht allein! So sieht Kirche aus. Ihr seid normal“, unterstreicht Vaters.
Zwei Dinge gibt er allen Mitarbeitenden aus kleinen Gemeinden noch mit auf den Weg: „Eine kleine Gemeinde zu leiten ist keine Bestrafung für einen Fehler. Und: Eine kleine Gemeinde zu leiten ist eine besondere Fähigkeit, und es lohnt sich, gut darin zu werden.“ 

Vergleichen sei tödlich. „Entweder führt das zu Stolz oder zu Scham.“

Zum Abschluss spricht Vaters noch ein bewegendes Gebet für Mitarbeitende in kleinen Gemeinden: gegen Entmutigung, Scham und Schuldgefühle – für Gnade, Heilung und Ermutigung.