„Hoffnungsvoller Realismus“ – Philipp Bartholomä

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Auf geballte Kraft und Musik mit viel Power von der Lobpreisband folgt geballte theologische Kompetenz. Auf der Bühne spricht Theologieprofessor Prof.Dr. Philipp Bartholomä über „hoffnungsvollen Realismus“.

Was heißt das?

 

„Auch ich habe große Hoffnung, weil Jesus auferstanden ist“, betont der Theologe. „Aber ich möchte dennoch einen nüchternen Blick auf die missionarische Realität unseres Landes werfen.“

Bartholomä forscht im Bereich Evangelisation und Freikirchen. Und da gelte für manche überraschend: Die meisten Bünde stagnieren bei den Mitgliederzahlen oder verzeichnen sogar einen Rückgang. Wo es Wachstum gebe, da seien es größtenteils Gemeinden mit migrantischem Hintergrund. In den deutschen Gemeinden liege das Wachstum je nach Bund statistisch betrachtet lediglich bei etwas mehr als einer Person – pro Jahr und einzelner Gemeinde. „Und das schließt bereits missionarisches Wachstum und Transferwachstum aus anderen Kirchen ein“, so Bartholomä. Ein Verband verfüge über genau Bekehrungszahlen. Er zählte zwischen 2012 und 2021 pro Jahr 356 Bekehrungen, das seien 0,7 Bekehrte pro Gemeinde und Jahr. Wen erreichen Freikirchen? Lediglich acht Prozent sind „säkularisierte Menschen“, erklärt der Theologe. Der Rest war schon freikirchlich oder kirchlich geprägt. „Das ist kein Grund zur Resignation, aber diese Realität ist ernüchternd“, konstatiert der Theologe.

 

Wie können wir angesichts dieser Zahlen missionarisch leidenschaftlich bleiben?

Hier wirbt Bartholomä für den „hoffnungsvollen Realismus“. „Es besteht die Gefahr, dass wir zynisch und verbittert werden, aber wir dürfen nicht die ‚kleinen, unansehnlichen Anfänge verachten“ (in Anlehnung an Sacharja 4,10). Er fragt in die Halle: „Können wir uns tatsächlich noch über den einen freuen, der umkehrt? Oder ist das einer zu wenig?“

„Ja, es gibt noch Leuchtturm-Projekte. Aber in der Summe sind auch das nur kleine Anfänge. In unserer nachchristlich-säkularen Gesellschaft spricht wenig für einen Boom. Wenn wir das ausblenden, crashen wir an einem überzogenen Erwartungsdruck.“ Bartholomä weiter: „Wir sind nicht die `Special Ones´, bezogen auf die Größe. Wir sind die `Normal Ones´. Wir brauchen einen hoffnungsvollen Realismus. Eine Demut, die kleinen Anfänge nicht zu verachten.“

Der Theologe schließt sehr emotional: „Wir sollten uns dieses hoffnungsvolle Gebet aneignen: Herr, erbarme dich unser und schenke uns Hingabe. Lass und dranbleiben. Treu und geduldig.“