Panel: Hoffnung für die Kirche – 4 Leuchttürme

 

Die Zahlen, die Prof. Dr. Philipp Bartholomä in seinem Vortrag genannt hatte, mochten den ein oder anderen in der Halle ernüchtert haben. Zeit für einige Hoffnungsprojekte – vorgestellt von vier ganz unterschiedlichen Protagonisten.

Dr. Justus Geilhufe ist Pfarrer aus Leidenschaft mit einem weiten Herz für seine Stadt: Freiberg in Sachsen – „der atheistischste Ort Deutschland“, wie er selbst sagt. Lediglich zehn Prozent der Menschen dort sind Kirchenmitglieder. „Bei uns leben die Enkel derer, die schon 1950 aus der Kirche ausgetreten sind“, erklärt er. Wissen über Glaube und Kirche? Fehlanzeige. „Wir haben einen Kinderchor gegründet. Der erste Auftritt sollte am dritten Advent stattfinden. Da fragt mich eine Mutter: ‚Was für ein Wochentag ist das?‘“

Berührungspunkte mit dem Glauben gibt es für viele Menschen gar nicht. „Wir machen Glaubenskurse, das ist unser Standbein“, sagt Geilhufe. Und es funktioniert. Kircheneintritte und Taufen wiegen die Zahl der Austritte und Todesfälle auf, sagt der Pfarrer. „Und in dieser Region ist das schon etwas Besonderes.“ Er wolle weiter mit „großer Offenheit“ auf die Menschen zugehen. „Das ist die Grundlage für Mission.“

 

Dr. Patrick Todjeras ist Rektor des Werks für Evangelisation und Gemeindeaufbau in Österreich und war an einer Studie über Social Media und Glaube beteiligt. Kann Instagram (IG) als evangelistisches Tool wirken? Seine Antwort: „ja“.

Rund 2.500 Menschen nahmen an der Umfrage teil. Die große Mehrheit von ihnen nutzt Instagram täglich. Finden Menschen darüber zum Glauben? „Ja“, sagt Todjeras. „56 Prozent geben an, sie hätten Veränderung erfahren oder zum Glauben gefunden.“ Eine krasse Zahl. „Menschen suchen bei christlichen Influencern nach Konsistenz und Kompetenz“, erklärt Todjeras.

Was können wir tun, wenn wir selbst keinen Draht zu Social Media haben? „Unterstützt diejenigen, die das tun, unterstützt die Influencer. Es braucht kompetente Menschen, die im digitalen Raum über ihren Glauben sprachfähig sind“, denn: „Die Apps auf ihrem Smartphone sind vielen Menschen näher als der nächste Christ.“

 

Thomas Ruhl ist seit 2016 Pastor in der Pfingstgemeinde „Kirche im Brauhaus“ in Gifhorn. „Unsere Gemeinde ist 67 Jahre alt. Früher gab es da einige Krisen, aber Gott hat frischen Wind geschenkt“, erzählt Ruhl. Irgendwann platzte das alte Kirchengebäude aus allen Nähten. „Durch ein Wunder konnten wir dann das Brauhaus in Gifhorn kaufen“, erzählt der Pastor. Dadurch ist die Gemeinde mitten im Ort präsent. Innerhalb der Kirche gab es große Zustimmung, in der Lokalpresse wurde der Vorgang eher kritisch begleitet. Mittlerweile sei es auch mit der Stadt ein tolles Miteinander.

„Wir wollen einen Ort schaffen, wo Menschen leicht in die Kirche kommen können,“ erklärt Ruhl.  „Unsere Kirche gibt es, damit Menschen ‚ja‘ zu Jesus sagen. Wir wollen Hoffnung in die Welt tragen.“ Das entscheidende sei nicht das coole Gebäude, sondern die Menschen.

Beispielhaft erzählt er von einem jungen Paar, das sich nacheinander im Brauhaus bekehrte. Der Mann war in ein „Hangout“ für junge Väter hineingestolpert (gefunden via Instagram!), ohne zu ahnen, dass er sich in einer Kirche befand. Christlicher Background? Fehlanzeige. Dort wurde er dann zum Gottesdienst eingeladen.

Kira Geiss ist nicht nur Miss Germany 2023, sie war auch an der Gründung der Jugendgemeinde Eastside in Magdeburg beteiligt. Das Setting: ein Riesenunterschied zu ihrer Heimatgemeinde, wo Kinder und Jugendliche quasi permanent von allein neu hinzugekommen seien, so Kira. „In Magdeburg hatten wir viele Fails. Vieles hat nicht geklappt“, erzählt die 22-Jährige. Einmal habe es eine große Verteilaktion gegeben, aber gekommen sei niemand. Aber sie blieben dran. „Gott hat einen anderen Zeitplan als wir. Es ändert sich nicht alles durch eine einzelne Veranstaltung. Christliche Jugendarbeit ist Beziehungsarbeit.“

Dass sie selbst einmal etwas mit der Kirche zu tun haben würde, hätte sie früher nicht gedacht, sagt Kira. Sie wurde nicht christlich erzogen. Mit 16 nahm sie den Glauben dann ernst. „Heute bin ich dankbar für die Verantwortung, die Gott mir gegeben hat.“

An die Adresse der Teilnehmenden in der Halle gerichtet wirbt sie: „Nehmt junge Leute mit hinein in eure Gremien, lasst sie Verantwortung übernehmen.“ Kirche sollte und müsse attraktiver für junge Menschen werden. Gleichzeitig stellt sie klar: „Es geht nicht darum, alles umzubauen, wo sich [ältere] Menschen in den Gemeinden beheimatet fühlen.“ Für diese Aussage gibt es großen Applaus – gerade von den Älteren.