Thomas Härry – Leiten zwischen Ambition und Kleinmut – David Ashcroft: Jesus ist der beste Leiter

„I am a friend of GOD – ich bin ein Freund Gottes.“ Abschluss-Session beim LK24 am Samstagmittag. Die Lobpreisband vom „Worship Cafe“ der Creativen Kirche nimmt die Menschen im Saal noch einmal mit hinein in die musikalische Anbetung. Miriam Schäfer, Jan Primke und Freunde verstehen ihren Dienst als wichtigen Teil des Kongresses. Sie wollen die Teilnehmenden dabei unterstützen, sich auf Gott auszurichten. Denn: „HE calls me friend.“

In einer Videobotschaft wendet sich David Ashcroft, seit Juli 2023 Präsident des Global Leadership Network (ehem. Willow Creek Association), an die Teilnehmenden. Er wirbt für Jesus, den größten Leiter von allen. „Höre auf Jesus und folge ihm nach“, sagt er. „Dann baust du dein Leben auf festen Grund. Das ist das Geheimnis.“
Die Kongressband greift den Faden auf: „In Christ alone my hope is found – in Christus allein finde ich meine Hoffnung.”

Es folgen wieder leisere Töne. Der Schweizer Thomas Härry ist bei den Leitungskongressen von Willow Creek ein gern gesehener Gast und geschätzter Redner. Sein Thema: „Leiten zwischen Ambition und Kleinmut.“
Thomas Härry erzählt von der Südpol-Expedition des Briten Robert F. Scott, die 1912 im Desaster endete. Alle Expeditionsteilnehmer starben. Und der Norweger Amundsen war vor ihnen am Pol. Auch Scott selbst erfror. Der Grund: zahlreiche Fehler in der Vorbereitung. „Die Expedition scheiterte an Ruhmsucht und Zeitdruck“, so Härry. „Sie hatten das gute Maß verloren.“

Thomas Härry benennt Vermessenheit als ein klassisches Problem: „Man will zu hoch hinaus, um jeden Preis.“ Früher sei dies der Turmbau zu Babel gewesen, heute vielleicht Menschen im kalifornischen Silicon Valley, die einen ‚digitalen Gott‘ erschaffen wollen. Größenwahn! „Ich selbst war oft auch ein Getriebener“, bekennt Härry. „Ich habe mich selbst und andere überfordert.“
Aber auch das Gegenteil der Überheblichkeit, der Kleinmut, tauge nicht für die Arbeit in der Gemeinde. „Solche Menschen sind vom Gedanken gerieben, dass alles schlimmer werden könnte und ducken sich weg. Wenn dich der Kleinmut lähmt, dann wagst du nicht. Dann zögerst du, das zu tun, was du tun solltest.“
Woran leiden Kirchen mehr? An Vermessenheit oder Kleinmut? „Es gibt beides“, sagt Härry, „aber ich vermute: der Kleinmut.“

Vielen Gemeinden fehlen Geld und Mitarbeitenden. „Aber der Segen Gottes ist nicht von euren Ressourcen abhängig“, ruft Härry den Teilnehmenden in der Halle zu. „Dass Menschen in deiner Gemeinde zum Glauben kommen, das ist keine Frage des Budgets, sondern des Glaubens.“
„Unsere Kirchen brauchen Menschen mit Gestaltungsmut“, unterstreicht Thomas Härry. Ohne Überheblichkeit, aber im Vertrauen auf Gott. „Nicht entmutigen lassen, sondern dranbleiben. Und um Menschen werben, die wir für den Dienst gewinnen wollen. Wir glauben an Menschen, aber noch viel mehr an Gott.“ Er wünsche sich, dass „wir alle“ solche Menschen sind. Heute, morgen und auch in fünf Jahren.
Bei allen Aufbrüchen brauche es aber ebenso den Mut zur Begrenzung. Den Mut, nein zu sagen. „Wir Menschen neigen zu Grenzenlosigkeit“, sagt Thomas Härry. Die Selbstbegrenzung falle oft gerade dann besonders schwer, wenn es gut läuft. Kaum jemand wolle sich selbst begrenzen. Aber: „Manchmal beflügelt der Erfolg eines Leiters mehr sein Ego, als den Glauben.“ Dabei sei ein „Nein“ gleichzeitig auch ein „Ja“. Ein „Ja“ zu all den Dingen, die man bereits tut – die unverzichtbar sind.

Härrys These: Eine Organisation oder Kirche findet nur dann ein gutes Maß, wenn die Leitenden es finden. Leitende sollten möglichst nur das tun, was sie gut können. Und den Rest anderen Menschen überlassen.
Der Theologe skizziert eine weitere Expedition: die von Lewis und Clark, die 1804 von St. Louis aus den Missouri stromaufwärts fuhren, um einen Weg zum Pazifik zu finden. Im Gegensatz zur Expedition von Scott starb nur ein Teilnehmer – an einer Blinddarmentzündung. „Diese Expedition gilt als großartige Führungsleistung“, erklärt Härry. „Ein perfektes Team, das sich ergänzte. Die Talente und Gaben der Teilnehmer wurden klug eingesetzt. Und trotz des Zeitdrucks machten sie auch lange Pausen.“ Sie seien an die Grenzen gegangen. Aber nicht um jeden Preis.

Am schwierigsten, so Thomas Härry,  sei die Begrenzung des eigenen Egos, der Umgang mit der Luststeigerung, die mit Anerkennung und Erfolg einhergehe. „Mir persönlich hilft der Rückzug in die Gegenwart Gottes“, sagt Härry. „Regelmäßig, auch länger.“ Er wendet sich an die Menschen im Saal: „Am Ende gehört dein Leben ganz Gott. Es geht um die Treue zu Christus.“