Das Startup JobRad hat in den vergangenen zehn Jahren einen kometenhaften Aufstieg hingelegt. Angefangen in einer verlassenen Schlecker-Filiale, hat sich JobRad zu einer Unternehmensgruppe mit knapp 800 Beschäftigten entwickelt und erst kürzlich einen modernen New Work-Campus bezogen. Das Freiburger Unternehmen ist Pionier und Marktführer beim Dienstfahrradleasing.
Holger Tumat hat als CEO das rasante Wachstum und die turbulente Entwicklung maßgeblich mitgestaltet. Hier spricht er über seine persönlichen Erfahrungen und Gottesbegegnungen während der Gründungsphase des Unternehmens.

Herr Tumat, JobRad hat in den vergangenen zehn Jahren einen fast kometenhaften Aufstieg hingelegt: Ihr Unternehmen ist Pionier, Impulsgeber und Branchenprimus im Dienstradleasing geworden. Lief für Sie als CEO der Aufstieg wie am Schnürchen?

Holger Tumat: Überhaupt nicht! Der Anfang war alles andere als glorreich. Zunächst habe ich Wirtschaftsingenieurwesen studiert und war dann verantwortlich für den internationalen Vertrieb eines großen Maschinenbauunternehmens in München. Klar, das war schon ein toller Karriereschritt.

Aber?

Während der Finanzkrise 2008/2009 habe ich mich echt schwergetan mit einigen Herausforderungen, die damit verbunden waren. Ich habe dann mit einem Freund für die Situation gebetet und einfach befolgt, was in der Bibel empfohlen wird: „Werft alle eure Sorgen auf den Herrn!“ Das haben wir gemeinsam getan. Gleich am nächsten Morgen folgte die Befreiung – buchstäblich: in Form einer Kündigung durch meinen Arbeitgeber.

Eine Antwort, die so sicher nicht zu erwarten war.

Absolut nicht. Dennoch musste ich innerlich laut lachen – was ich äußerlich allerdings nicht gezeigt habe. Es galt ja noch eine Abfindung zu verhandeln. Von dem Geld haben wir als Familie zwei Jahre lang gelebt.

»Wenn Gott Menschen mitteilt, dass er etwas Großes mit ihnen vorhat, geschieht erst mal gefühlt das Gegenteil.«

Was haben Sie während der Zeit gemacht?

Ich habe drei Entscheidungen getroffen, die man – wenn man vernünftig ist – niemals auf einmal treffen sollte. Die erste Entscheidung: Wir haben gemeinsam mit zwei weiteren Parteien eine große, denkmalgeschützte Immobilie gekauft. Zweitens: Wir sind von München nach Berlin gezogen – kontrastreicher konnte das neue Lebensumfeld kaum sein. Drittens: Parallel habe ich versucht, mich selbstständig zu machen.

Waren das mutige oder eher verrückte Entscheidungen?

Mutig wäre deutlich untertrieben. Tendenz: eher verrückt.

Wie haben Sie angesichts dieser gravierenden Entscheidungen innere Orientierung erhalten?

In dieser Zeit bin ich für einige Tage in ein Kloster gegangen. Ich war aber völlig ahnungslos, was mich dort erwarten würde.

Was war das Ziel?

Vordergründig ging es mir darum, mich auf Gott auszurichten. Aber irgendwann stellte ich fest, dass mich tief im Innersten eigentlich nur eine Frage umtrieb: „Gott, wirst du uns versorgen?“ Wir waren damals eine junge Familie – unsere drei Kinder waren, zwei, fünf und sieben Jahre alt. Ich hatte keinen Job mehr, erhielt kein regelmäßiges Einkommen – hatte mir aber dennoch eine Immobilie angelacht. So beschäftigte mich also immer wieder diese eine Frage nach der Versorgung.

Haben Sie darauf eine Antwort erhalten?

Oh ja. Gott sagte: „Ich werde dich sehr, sehr gut versorgen.“ Genau mit dieser Bekräftigung: „sehr, sehr gut versorgen.“ Rückblickend war es die Vorausschau auf das, was wir heute erleben.

Diese Antwort war sicher eine große Entlastung. War sie auch ein Boost für größeres Gottvertrauen?

Bis wir die Früchte ernten konnten, sind wir zunächst durch große finanzielle Schwierigkeiten gegangen. Es fing damit an, dass unsere Familie keinen Kredit für das Haus bekam. Was ich nicht wusste: Wenn du dich in Deutschland selbstständig machst, bekommst du kein Darlehen. Dann hat Gott vier Menschen geschickt, die sagten: „Cool, dass ihr in Gottes Auftrag unterwegs seid. Wir haben eine Menge Geld, das wir nicht benötigen – wir finden eine Lösung für euch.“ Als gelernter Kaufmann habe ich dann mit jedem der Vier einen Kreditvertrag geschlossen – und inzwischen das gesamte Geld zurückgezahlt. Das war nur eine Hürde.

Welche folgte noch?

In der Anfangszeit unserer Firma gab es eine Phase, da saßen wir mit dem Insolvenzberater bei uns im Garten und haben fieberhaft überlegt, wie wir die drohende Insolvenz abwenden können. Es stand Spitz auf Knopf. Immerhin hatte der Finanzexperte für uns die lobenden Worte: „Ihr seid die ersten meiner bisher 200 Beratungsfälle, die so früh zu mir gekommen sind, dass man noch etwas tun kann.“ Und wir haben gemeinsam eine Lösung gefunden.

Was hat Sie diese Zeit gelehrt?

Alle großen Erfolge starten klein. Das übersehen viele. Und dass der Weg dorthin oft von manchen Demütigungen gekennzeichnet ist. Durch diese Zeit sollten wir sicher auch erkennen, dass wir das Erreichte nicht aus eigener Kraft erlangt haben. Es war ein Weg, auf dem wir gelernt haben, richtig mit dem umzugehen, was mit dem Unternehmen noch vor uns lag.

Gab es einen Punkt, an dem Sie aufgeben wollten?

Nein. Nur weil es Gegenwind gibt, wirft man nicht einfach das Handtuch. Da bin ich viel zu sehr Unternehmer. Wenn jemand sagt: „Nein – das funktioniert doch nie!“, formuliere ich das Wort „Nein“ in den Leitspruch um: „Noch ein Impuls notwendig“. Das ist der Unterschied zwischen einem Unternehmer und einem Nicht-Unternehmer. Aufgeben, weil die Umstände vielleicht schwierig sind, kommt für uns nicht in Frage. Allerdings sollten wir uns auf diese Haltung nichts einbilden. Sie liegt Unternehmern einfach im Blut.

Es ist auffällig, dass Sie als Geschäftsführer eines Unternehmens auch von einer persönlichen Berufung für Ihren Job sprechen. Lässt es sich damit leichter leiten?

Von Gott berufen zu werden, hört sich erst mal großartig an. Als eilten diese Menschen ab dem Zeitpunkt ihrer Berufung von einem Gipfel zum nächsten. In der Bibel lesen wir aber etwas anderes: Wenn Gott Menschen mitteilt, dass er etwas Großes mit ihnen vorhat, geschieht erst mal gefühlt das Gegenteil. Jesus erging es nicht anders: Als er nach seiner Taufe Gottes Bekräftigung vernahm: „Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe“, lesen wir kurz darauf, dass er in die Wüste geführt und dort vom Teufel versucht wird. Bei den Berufungserlebnissen von David, Jakob und anderen war es nicht anders. Weshalb schickt Gott Menschen – im übertragenen Sinn – in die Wüste? Meine Lesart: Er möchte sie auf das vorbereiten, was sie künftig tragen sollen. Wohl auch, dass sie erkennen, dass das Erreichte nicht auf ihrem eigenen Mist gewachsen, sondern durch Gottes Wirken entstanden ist.

»Gott versorgt mich gerne, wenn ich mich nicht an das klammere, was er mir anvertraut hat.«

Sicher eine wertvolle Lektion - die einem aber auch einiges abverlangt.

Ich will Krisen und Herausforderungen damit nicht schönreden. Aber für die Menschen, die sich in einer herausfordernden Zeit befinden, ist die Frage vielleicht bedenkenswert: „Was muss ich wohl genau jetzt lernen?“ Ich selbst habe mehrfach erlebt, dass in meinen eigenen Krisen oft eine wichtige Lektion enthalten war: Zum Beispiel etwas, was ich lernen, loslassen oder erfahren musste. In diesen Phasen gab es Zeiten, wo ich vor Gott auf den Knien gelegen und ihm gesagt habe: „Ich finde es großartig, dass du mir dieses Unternehmen anvertraut hast. Aber wenn du mit mir oder der Firma etwas anderes im Sinn hast, nimm sie gerne wieder an dich.“ Und genau in diesem Loslassen kam anschließend oft die Lösung, der Ausweg.

Eine entscheidende Grundhaltung?

Vermutlich. Diese Grundhaltung halte ich für jeden Leitenden – ob in einem Unternehmen oder einer Gemeinde – für notwendig. Jede Führungskraft sollte unbedingt zu der Haltung gelangen: Ich bestehe nicht auf meiner Leitungsrolle, auf mein Unternehmen, auf meine Gemeinde. Sie ist mir nur anvertraut. Meine Aufgabe ist es, sie gut zu verwalten. Ohnehin hat niemand von uns Anspruch auf unser Leben, unseren Erfolg oder unsere Gesundheit. Ich habe festgestellt: Gott versorgt mich gerne, wenn ich mich nicht an das klammere, was er mir anvertraut hat.

Live erleben kannst du Holger Tumat beim Leitungskongress 2024 in Karlsruhe.