Als ehemaliger Pastor ist David Ashcraft vertraut mit kniffligen Fragen der Gemeindeveränderung. So manche hat er gelöst. Durch sein geduldiges, fokussiertes Wirken ist seine Gemeinde im beschaulichen Pennsylvania von 150 auf 22.000 Menschen gewachsen und zählt zu den größten US-Kirchen. Während die Megachurches aus den Metropolen die Schlagzeilen in der Gemeindewachstums-Szene bestimmten, hat der Pastor aus der Provinz sich währenddessen auf seine Arbeit konzentriert. Im Juli wurde Ashcraft nun zum CEO des Global Leadership Network ernannt. Hier erzählt er, was ihn geprägt hat:
Vor über 30 Jahren hat Gott meine Familie und mich von Dallas, Texas, nach Manheim berufen, einer kleinen Stadt in Pennsylvania. Ich wurde dort »Hauptpastor« der örtlichen Gemeinde, was als Titel nicht ganz passte, da ich der einzige Hauptamtliche war. Die Gemeinde hatte 150 Mitglieder. Etwa zur gleichen Zeit hörte ich von einer Gemeinde in Chicago, in der durch ein neues Konzept Tausende zum Glauben fanden. Ich konnte 25 Mitglieder meiner Gemeinde überzeugen, uns die Willow Creek Community Church einmal anzusehen. Wir wollten entdecken, was genau sie dort anders machten als wir in Pennsylvania. Es hat uns total überwältigt: Nicht nur die schiere Größe, sondern auch die Leidenschaft, mit der dort gearbeitet und Menschen gedient wurde. Wir fuhren mit einer veränderten Vision für unsere Gemeinde wieder nach Hause: Wir waren entschlossen, mehr Menschen in eine Beziehung mit Jesus zu führen, um dann gemeinsam ihm leidenschaftlich nachzufolgen.
Gerne würde ich jetzt sagen, dass es von da an nur noch bergauf ging. Aber um ehrlich zu sein: Die nächsten fünf Jahre waren unglaublich schwer. Nicht alle in der Gemeinde wollten Dinge verändern. Nicht allen war wichtig, dass mehr Menschen Jesus kennenlernen. Vielen waren die eigene Bequemlichkeit und die eigenen Wünsche wichtiger als jede evangelistische Initiative. Das war für mich als Pastor nicht leicht. Die Gemeindeleitung bestand aus fünf Personen. Ein halbes Jahr nach meinem Dienstantritt stand in einer Sitzung der Älteste auf, der mich von Dallas nach Manheim geholt hatte, legte den Gemeindeschlüssel auf den Tisch und sagte: »Offenbar brauchst du mich ja nicht mehr.« Er ging und kam nicht wieder. Neun Monate später ging der Nächste, zwölf Monate später der Dritte.
Zur Gemeinde gehörte ein Mann namens Abe. Ihm konnte ich nichts recht machen. Jede Woche bekam ich einen Brief von ihm, in dem er aufgeschrieben hatte, was ich am Sonntag Falsches getan und gesagt hatte. Im Foyer unserer Gemeinde hatte jedes Gemeindemitglied ein Postfach. Jede Woche fand die Gemeinde in den Fächern eine Liste mit all dem, was ein Mann namens Don an mir nicht mochte. Dieses Blatt war also das Erste, was die Gemeinde sonntags vor dem Gottesdienst vorfand.
Diese ersten fünf Jahre waren für mich unglaublich hart. Meine Frau Ruth hat mir in dieser Zeit sehr geholfen. Sie sagte: »Dave, ich glaube an dich.« Und sie erinnerte mich daran, dass Jesus das ebenfalls tut. Auch die regelmäßigen Besuche des Leadership Summit auf dem Willow-Campus waren eine große Hilfe. Ich entwickelte meine Leitungsfähigkeiten und ging ermutigt zurück nach Hause in der Gewissheit, dass Jesus immer noch an mich glaubt und dass ich nicht aufgeben soll.
»Die ersten fünf Jahre waren unglaublich hart.«
Die Veränderungen wirken
Irgendwann begann Gott, unsere kleine Gemeinde zu verändern, und sie wuchs. Im vergangenen November habe ich meinen Dienst als Hauptpastor beendet. In 32 Jahren ist die Gemeinde von 150 Mitgliedern auf 22.000 gewachsen. Wir haben in Pennsylvania inzwischen 19 Standorte mit insgesamt 300 angestellten
Mitarbeitenden. Unsere Gemeinde trägt den Namen LCBC Church. Das steht für »Lives Changed By Christ« – Leben, verändert durch Christus. Das trifft es genau: Wir sind eine Gemeinschaft, deren Leben durch Christus verändert wurde und immer noch wird.
Seit 18 Jahren ist LCBC einer der Übertragungsorte des Global Leadership Summit. Vor fünf Jahren wurde ich in den Vorstand des Global Leadership Network (GLN) berufen. Letztes Jahr wurde ich gefragt, ob ich mir vorstellen könne, die Leitung des GLN zu übernehmen. Diese Aufgabe habe ich gerne angenommen. Denn ich weiß um den großen Einfluss, den das GLN nicht nur auf mein Leben und das Leben meiner Gemeinde, sondern auch auf das von vielen tausend Gemeinden auf der ganzen Welt hat. Ich bin gespannt, was Gott mit diesem Netzwerk noch vorhat. Wir sind überzeugt: Jesus ist die Hoffnung für die Welt – und er hat die Ortsgemeinde ins Leben gerufen, damit durch sie diese Hoffnung die Menschen erreicht.
Die Gemeinde als Plan A
Vielleicht schaust du auf deine Gemeinde und sagst: »Wir sind aber keine vitale Gemeinde.« Das habe ich vor dreißig Jahren über meine Gemeinde auch gedacht. Aber interessanterweise sagt Gott nicht, dass er seinen Plan nur mit blühenden Gemeinden ausführt. Die Gemeinde schlechthin ist Hoffnung für die Welt. Wenn wir begriffen haben, dass Gott keinen Plan B hat, dann ist auch klar, dass das, was das Global Leadership Network, was Willow Creek Deutschland und die vielen weiteren weltweiten Partner tun, so entscheidend ist. Gemeinsam wollen wir Pastoren und Pastorinnen, Mitarbeitende und ihre Gemeinden darin unterstützen, dass mehr Menschen Jesus kennenlernen, dass sie aufblühen und Gottes Plan an ihrem Ort ausführen.
Ich weiß, dass das passieren kann, denn es ist in meinem Leben passiert: Meine Gemeinde hat sich verändert, und ich freue mich darauf zu erleben, dass sich auch deine Gemeinde weiter verändert. Unabhängig davon, was du gerade erlebst als Leitender oder Mitarbeitender –, lass dir sagen: Jesus glaubt an dich.
Live erleben kannst du David Ashcraft beim Leitungskongress 2024 in Karlsruhe.