Nach dem Leitungskongress in Hannover erreichten uns kritische Anfragen zu der Auswahl von Joseph Grenny und Liz Wiseman als Redner/in auf dem Kongress. Beide gehören der „Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“ (Mormonen) an, was bei Teilnehmenden des Kongresses Verwunderung und Kritik auslöste. In einigen der Zuschriften wurden wir gebeten, etwas zu dem Sachverhalt zu sagen. Das wollen wir hiermit gerne tun.

Als wir die Vorträge von Joseph Grenny und Liz Wiseman beim Leadership Summit in Chicago das erste Mal hörten, war uns klar, dass wir die Impulse ihrer Referate auch in unseren Gemeinden gut gebrauchen können. So entschieden wir uns, sie zu unserem Kongress einzuladen: als bekannte Autoren und gefragte Experten, die auf ihren Fachgebieten wertvolles Wissen und Erfahrungen vermitteln können. Ihr mormonischer Hintergrund war in keiner Weise Anlass für die Einladung und nicht Inhalt ihrer Referate. Darum wurden sie auf dem Kongress auch als Fachredner/in präsentiert, nicht als Vertreter einer Glaubensgemeinschaft.

In der Arbeit von Willow Creek Chicago haben wir etwas gelernt, das in unserer evangelisch-evangelikalen Kultur mitunter eine hohe Hürde darstellt und von dem wir uns doch wünschen, dass es unter uns aufkeimt und wächst: Hochachtung und Respekt vor andersdenkenden Menschen, ihren Leistungen, Ihrem Wissen und ihren Erfahrungen. Wir durften erkennen, dass 2. Tim. 1,7 gerade auch in der Begegnung mit ihnen eine aktuelle, praktische Anwendung findet. Wir wünschen uns, dass der Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit sich weit über den Geist der Furcht hinweg ausbreitet.

Wie wollen wir erwarten, dass Menschen uns und unserer Botschaft anhören, wenn wir nicht bereit und in der Lage sind, uns wenigstens auf ihr Wissen und ihre Fach-Erfahrung einzulassen? Es gehört zu den Überzeugungen bei Willow Creek, dass es auch außerhalb des christlichen und von uns persönlich akzeptierten Glaubensspektrums Menschen gibt, die ein enormes Wissen und hohe Fachkompetenz haben. Menschen, die uns in bestimmten Bereichen helfen können und von denen wir fachliche Zusammenhänge lernen können, um sie im christlichen Kontext anzuwenden.

In unserem (Berufs)Alltag, in unserer Nachbarschaft und im Bekanntenkreis praktizieren wir es, gewollt oder ungewollt. Tagtäglich stehen wir in Verbindung zu Andersdenkenden, auch religiös Andersdenkenden. Wir hören auf sie und lernen von ihnen in vielen Bereichen unseres Lebens, z.B. Gesundheitsvorsorge und Medizin, Soziologie, Pädagogik, Architektur, Umwelttechnologien, Kultur, Energiefragen, Management, Organisationsentwicklung, Ingenieurswesen, um nur einige wenige zu nennen. Wir nutzen Facebook für uns, ohne zu fragen, wie der Erfinder spirituell steht, oder Smartphones, das E-Mailverfahren, WhatsApp oder Computer-Software ... Das, was wir „draußen“ im Alltag durchaus schätzen, akzeptieren und nutzen, muss uns auf einem christlichen Kongress nicht plötzlich beängstigen, solange klar ist, worum es geht.

Als Verantwortliche in der Arbeit von Willow Creek wissen wir, dass dies eine gewisse Gratwanderung darstellt und eine solche Praxis durchaus auch weiterführende Fragen aufwirft. Natürlich ist uns auch klar, dass es Grenzen gibt. Sie zu ziehen, sollte in der Weisheit Christi geschehen, um Schaden zu verhindern. In unserem konkreten Fall mögen alle, die die Vorträge von Liz Wiseman und Joseph Grenny miterlebt haben, selbst beurteilen, inwieweit sie dadurch Schaden erlitten haben, oder Gewinn mit nach Hause genommen.


Der geschäftsführende Vorstand von Willow Creek Deutschland
Ulrich Eggers, Stefan Pahl, Dr. Michael Diener, Karl-Heinz Zimmer